The monkey in my forest
Ich ging in der Nähe von Egelsbach durch den Wald spazieren als plötzlich über meinen Kopf etwas durch die Luft flog. Ganz erschrocken duckte ich mich schützend weg, bevor ich realisierte, dass es sich nur um einen kleinen Ast handelte, der wohl von einem Baum zu Boden gefallen war. Doch dann hörte ich ein Gekreische wie in einem Zoo, und schon wieder flog etwas durch die Luft, irgendein Brocken oder ein Stein. Ich schaute in die Richtung, aus der das Geschoss und das Geschrei kamen und entdeckte dort doch tatsächlich einen Schimpansen, der wild gestikulierte und furchtbar schrie. Er hatte sich mit einem Stock bewaffnet, den er drohend mit seiner Hand schwang. Er war an einen Baum angekettet und zerrte so wild an dieser Kette, als könne er sich jeden Augenblick losreißen. Es war ein gruseliger und trauriger Anblick zugleich. Ich kehrte schnell um, um mich von dem Schimpansen zu entfernen. Doch dieser schrie immer weiter. Er verstummte erst, als ich schon weit weg war. Später fand ich heraus, dass es dort im Wald ein Tierheim gab, in dem ein Zirkus seine alten Tiere abgab. Den Affen hätte man ausgesetzt, weil er sich mit den anderen Bewohnern nicht vertragen hatte.
Five before twelve
„Here project, there project!“, sagte mein Arbeitskollege aus Indien. Er war gestern zu einem Meeting aus Bangladesh angereist. Heute nach dem Mittagessen waren wir zu unserem Verdauungsspaziergang in das angrenzende Waldstück aufgebrochen. Viel zu lange schon schienen wir auf der Schneise geradeaus gelaufen zu sein. Vor uns lag bereits der See, welcher an die Nachbargemeinde angrenzte. „Hey guys!“, rief plötzlich von der Seite eine Stimme nach uns. Ein älterer Herr lief aus dem Dickicht auf uns zu. „What time is it now?“, wollte er wissen. „Five past twelve.“, antwortete mein Kollege. „Are you sure, it is not five BEFORE twelve?“, fragte der Mann. „Yes, I'm sure, Sir!“, sagte mein Kollege. Leicht verwirrt nutzen wir den Moment, zu wenden und den kontaktfreudigen Mann hinter den Bäumen zurück zu lassen. Erst später erfuhr ich, dass sich am Langener Waldsee ein Schwulentreff etabliert hat.
Burnout
Ich hörte oft dem Regen zu, auch diesmal. Einsam stand ich zwischen den Bäumen und richtete das Gesicht gen Himmel. Regentropfen befeuchteten meine geschlossenen Augen. Ausgebrannt, erloschen, so habe ich mich damals gefühlt. Mit der Kündigung kam dann ein tiefes Loch. Ein Glück, dass ich mich irgendwann an meinen stillen Ort erinnerte. Er lag an dieser Lichtung. Hin und wieder ließen sich hier Rehe beobachten. Nun stand ich wieder auf dieser großen Wurzel, inzwischen zitternd und ziemlich durchnässt. Doch die Kälte störte mich nicht. Im Gegenteil: Die Abkühlung ließ mich wieder eine Robustheit spüren, welche ich schon lange vermisst hatte. Das schien auch eine Elster erkannt zu haben, welche auf einem Ast neben mir auftauchte und eifrig und sehr laut zu krächzen begann.
Trees on Head
„This does not fit into my current understanding of the world!“, schrie ich den Bäumen zu. Und in der Tat: Die Bäume schienen hier auf dem Kopf zu stehen. Ihre belaubten Zweige ragten aus dem Boden und liefen zu dickeren Ästen zusammen, die schließlich in einem Stamm endeten. Ein Blick nach Oben zeigte, dass der Stamm sich in der Höhe erneut verzweigte und in feinen Fäden mündete, welche wieder zu Boden hingen. Schreckliches Hundegebell ertönte aus der Ferne und verhallte wieder. „Die Welt steht Kopf, seit wieder gejagt wird“, antwortete mir der Baum. Die feinen, sich windenden Fäden des Baumes wiegten sich nun im lebhaft werdenden Wind. Sie erinnerten mich an den Lockenkopf meiner besten Freundin aus Kindertagen. Ich setzte mich auf den Waldboden und lehnte mich an den Baum. Die Angst wurde durch ein Gefühl des Vertrauens abgelöst, als ich den Baum in die Arme nahm. Langsam wurde ich wieder klarer.
The lonely crocodile
Wir erreichten die Ruinen des Tempels gegen Abend. Während unsere Führer das Nachtlager aufbauten, wollten wir uns die eingefallenen Dächer und Säulen genauer ansehen. Doch wir kamen nicht weit, denn die Kultstätte schien von einem einsamen Krokodil besetzt zu sein. Ein Tier erschreckend großen Ausmaßes, ein Wesen aus einer anderen Zeit. Einsam und verlassen lag es inmitten eines kleinen Tümpels. Regungslos, blind, versteinert. Die Zeit stand hier offensichtlich still für das Reptil. Eingemauert von den Säulen des Tempels wachte es über diesen magischen Ort, seinen düsteren Mangroven, den purpurnen Flüssen und leuchtenden Tälern Madagaskars. Es bewachte diese einsame Insel und den heranstürmenden Ozean, in dessen Mitte sie sich sanft verlor.
Children games
So langsam kamen die Sterne am Himmel zum Vorschein. Ein blaues Grau umgarnte sie. Wir Kinder lagen immer noch auf dem Waldboden und starrten in den sich verdunkelnden Himmel, obwohl wir jetzt wohl schon zuhause sein hätten sollen. Das Haus unserer Großeltern war ganz in der Nähe, am Waldrand, nur wenige Schritte entfernt. Gegen Mittag hatte uns Großmutter Apfelsaft und das frische Brot eingepackt, welches so wunderbar duftete. Ich kann die Röstaromen noch heute schmecken. Wir hatten eine Hütte aus Ästen gebaut. Diese bot uns Unterschlupf. Hier waren wir dem Erwachsensein fern. Wir waren absolut frei und dennoch geborgen im Wald. Die Nadeln der Kiefern, der sandige Boden, das trockene Laub – ich erinnere mich wie heute daran, wie herrlich das alles duftete. Auch Großvaters Eintopf roch ich plötzlich. Ich erhob mich und lief mit knurrendem Magen Richtung Haus.